Tag 16
- philonthetrail
- 10. Juni
- 4 Min. Lesezeit

Heutiges Ziel ist Plattsburgh, die größte Stadt am größten See auf dem Trail. Es ist eine ordentliche Strecke zu schaffen heute, über 30 km und vier Portagen liegen zwischen mir und staatlichen Campground in Plattsburgh. Aber der Fluss führt gut Wasser und verliert ziemlich an Höhenmetern auf dieser Strecke, was sicher helfen wird. Tom, der Besitzer des Platzes sagte bei der Verabschiedung, dass die nächsten 10 km gemütliches paddeln sein wird. Bei leicht bedecktem Himmel und angenehmen Temperaturen starte ich, es ist wieder Tom gesagt hat. Es geht gut vorwärts auf einem breiten Fluss ohne Hindernisse. Nach 1,5 Stunden ist es damit leider schon vorbei. Die längste Portage des Tages steht an. Die Kent Falls und der anschließende Damm müssen auf 3,4 km umtragen werden. Ich verlasse den Fluss aber schon ungefähr einen Kilometer früher, an einer Bootsrampe mit großem Parkplatz. Da es weiter unten eine steile Uferböschung ohne richtigen Weg hinauf geht. Richtig luxuriöse, nur wenige Meter zum Umladen auf einer geraden Fläche, so könnte es öfters sein. Zuerst muss ich an einer stark befahrenen Landstraße entlang, gut, dass es nach wenigen hundert Metern auf eine Quartierstraße abzweigt und in einer Sackgasse endet. Dort angekommen stehen nur noch die Fundamente einer abgerissenen Brücke eines Seitenflusses des Saranac River. Ausladen, Kanu ins Wasser, die 20 m ans andere Ufer paddeln, alles zur Straße hoch und wieder weiter. Mittlerweile hat sich der Himmel zugezogen und es hat angefangen ordentlich zu regnen. Nach weiteren 1,5 km ist die Einbootstelle erreicht und es geht weiter flussabwärts. Nacht kurzer Zeit ist der nächste Damm erreicht. Treadwell Mills Dam, 1,3 km Portage. Ich steige an der beschriebenen Stelle aus und lade alles auf, auch hier hat es einen Parkplatz und es geht relativ einfach. Der Weg führt durch das Betriebsgelände des Betreibers, leider ist die Breite des Durchgangs im Zaun nicht breit genug für mein Kanu. Nach keinen 200 m nochmals ausladen, das Kanu von Hand durch die Öffnung tragen und wieder beladen. Am Ende angekommen, mache ich kurz Pause und studiere die Karte. Die nächste Portage ist weniger als einen Kilometer entfernt. Da lohnt sich der Aufwand von laufen gegenüber dem Hin und Her mit dem Material nicht. Ich entscheide mich noch 800 m weiter auf einem Waldweg zu gehen und aus zwei Portagen eine zu machen. Als es dann endlich auf dem Fluss weitergeht, merkt man das er an Gefälle zunimmt und es geht recht flott vorwärts. Es dauert nicht Land ist schon auch der nächste, aber für heute letzte Damm erreicht. Imperial Mills Dam, vor dem habe ich ziemlichen Respekt. Es gibt keine Warnschilder, Bojen oder Seile wie sonst bei den Dämmen bis jetzt. Die Strömung ist aber fast gleich null vor der Staumauer und der Damm gut als solcher erkennbar. Links neben der Mauer gibt es im hohen Gras eine überwucherte Stelle mit einem Loch im Maschendrahtzaun. Die Öffnung ist nicht groß, ich passe gebückt gerade so durch. Es ist mühsame alles durch das Loch am steilen Ufer zu tragen. Der immer noch anhaltende Regen hat den Pfad zu einer schlammigen Rutschpartie gemacht. Als endlich alles aufgeladen ist, geht ein Weg steil auf der anderen Seite hinunter und 300 m weiter zu einer seichten Stelle am Fluss. Es ist spät geworden, mittlerweile ist es schon 17:00, ich sollte und wollte um diese Zeit bereits in Plattsburgh sein. Die Portagen sind nicht nur sehr kräftezehrend, sondern auch Zeitfresser. Jetzt geht es zügig durch die Stadt weiter, der Fluss hat ordentlich Strömung und keine halbe Stunde später ist der Lake Champlain erreicht. Es ist windstill zum Glück, die Wellen auf diesem See können sehr groß werden. Auf den Weg durch die Bucht fängt es in Strömen an zu regnen. Nach 18:00 lande ich mit meinem Kanu am sandigen Badestrand des Cumberland Bay State Park an. Aber wo genau ist der Eingang und Registrierung, da es immer noch wie aus Kübel regnet, ist kein Mensch draußen. Es hat sowieso nur wenige belegte Plätze mit Wohnwagen oder Wohnmobilen. Am besten der Straße entlang, die Amerikaner machen alles nur mit dem Auto, hier läuft keiner. Und so ist es dann auch, 10 Minuten später stehe ich tropfend im kleinen Empfangsbereich am Eingang. Eine junge, offensichtlich überforderte junge Mitarbeiterin bedient mich. Sie ist verwirrt und braucht einige Zeit, um zu begreifen, dass jemand mit dem Kanu über den See gekommen ist, vorgängig keine Online Reservierung ausgefüllt hat und keine Wohnadresse in den USA hat. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, um einen Platz zu bekommen Durch den Schweiß und Kondenswasser bin ich bis auf die Unterhose völlig durchnässt. Draußen hat es merklich abgekühlt. Wegen der fehlenden Bewegung bekomme richtig kalt und fange an zu schlottern. Endlich zurück an meinem Platz so schnell wie möglich das Zelt aufstellen und mit trockenen Kleidern im Gepäck zu den Duschen. Die lange und heiße Dusche ist eine Wohltat, mit frischen und trockenen Kleidern gehts zurück ins Zelt. Restaurant zum Abendessen wäre heute angedacht gewesen. Dies will ich mir nach all den Strapazen nicht nehmen lassen. Das Problem ist nur das die meisten Küchen hier um 20:00 schließen, McDonald's oder sonstigen Fastfood habe ich keine Lust. Google findet ein Restaurant in der Innenstadt, wo die Küche bis 22:00 geöffnet ist. Also ab zum Eingang des Parks ein Uber bestellt auf ins Restaurant. Nur um vor Ort zu erfahren, dass die Küche geschlossen hat und die Angaben auf Google nicht mehr aktuell sind. Der Barkeeper gibt mir noch zwei Namen von lokalen in Gehdistanz, wo die Küche noch geöffnet haben könnte. Einige Minuten später betrete ich eine Hard Rock Bar mit ohrenbetäubender Musik und Billardtischen. Im hinteren, etwas abgetrennten Teil des Lokals stehen einige Tische und ein Fenster zur Küche für die Bestellung. Es gibt nur frittiertes Zeugs, wäre doch besser zu McDonald's gegangen. Aber es ist schon spät und ich sterbe fast vor Hunger. Wieder gibt es Bier mit frittierten Pouletstücke und Pommes, aber egal jetzt Hauptsache essen. Sauber, trocken, warm und mit vollem Bauch zurück im Zelt schaue ich mir den Wetterbericht für morgen an. Südwind, ganz schlecht, überall heißt es ja nicht auf den See. Da der See im Süden Flächenmäßig viel größer ist, wird das ganze Wasser in den oberen Teil gedrückt, was mit dem Wind zusammen zu enormen Wellen führen kann. Morgen Ausschlafen, das wird nichts mit der grossen Überquerung. Zu gefährlich, gute Nacht.



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